Mittwoch, 12. März 2014
DAS GIFT IN HAMBURGS BÖDEN – eine Fortsetzung
Die Sanierung des verseuchten Bodens in der Jarréstraße (Wäscherei) sensibilisiert auch wieder die Medien für das Thema Altlasten in Böden. Das Abenblatt berichtet aktuell über die Sanierung des Deponiegeländes an der Süderfeldstraße in Lokstedt:
„…Früher wurde hier Sand abgebaut. Eine Grube wurde 1946 wieder gefüllt […] die andere bis 1970 mit Bauschutt, Haus- und Sperrmüll geschlossen – insgesamt fast eine halbe Million Kubikmeter. Ende der 60er-Jahre kaufte die Stadt einen Teil des Geländes und errichtete dort, hinter dem Gymnasium Corveystraße, einen Sportplatz. Die übrige Fläche wurde von zwei Unternehmen als Betriebshof genutzt. Jetzt soll sie laut Bebauungsplanentwurf Lokstedt 62 mit 300 Wohnungen bebaut werden. Allerdings sind im Laufe der Jahrzehnte durch biochemische Abbauprozesse Methan und Kohlendioxid entstanden. …“
Quelle: „Wo Gift in Hamburgs Boden lauert“ (Abendblatt online, vom 12.03.2014)
METHANGAS – ein Deponiegas
Gibt es Methangas an den Hummelsbüttler Müllbergen?
Ja. Methangas-Austritte sind der BSU bekannt und Methangas wurden auch im Zuge der gesetzlich vorgeschriebenen Umweltverträglichkeitsprüfung (vom Antragsteller 2013 durchgeführt) nachgewiesen. Bei einer Messbohrung trat sogar signifikant viel Methangas aus.
Alleine das Thema Methangas wirft Fragen auf
- Wo bildet sich überall Methangas und wieviel? Auf der geplanten Überdeckelung der nördlichen Altdeponie oder auch an anderer Stelle?
- Was ist wirklich drin in den Altdeponien und in den Aufschüttungen?
- Sind mögliche weitere Ausblutungen aus den alten Deponiekörpern eine ewiges Restrisiko für die Umwelt?
- Sind die Müllberge ein Sanierungsfall oder müssen die Müllberge nur stärker überwacht werden?
- Wer haftet für zukünftige Umweltbeeinträchtigungen?
- Sorgt die neugeplante Deponie (teilweise) auf der alten Deponie für Kurz-, Mittel- und Langzeitrisiken?
Nach unserem aktuellen Wissensstand sind wir der Ansicht – ja.
Das Planfeststellungsverfahren (2013-2014?) für die neue Deponie könnte – völlig unabhängig vom Ausgang – für viel Klärung sorgen.
Südlicher Müllberg über dem Hummelsee (Privatfoto 2013)
Montag, 3. März 2014
HAMBURG UND DIE EWIGE LAST MIT VERSEUCHTEN BÖDEN
Seit Ende der 1970er Jahre führt Hamburg ein Altlastenkataster. Aktuell listet die Umweltbehörde (BSU) 1657 altlastenverdächtige Fälle auf. Darunter auch äußerst haarsträubende Fälle wie die vom ehemaligen Wäscherei-Gelände in der Jarréstraße.
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Am 3. März 2014 meldete das Abendblatt:
„Sanierung des vergifteten Wäscherei-Geländes deutlich teurer“
„Dort hatte sich im Boden eine etwa 500 Meter lange Schadstofffahne aus Chlorierten Kohlenwasserstoffen (LCKW) gebildet, laut Umweltbehörde einer der größten Boden- und Grundwasserschäden der Stadt.“
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FAKTENLAGE
Verseuchte Böden – wie auf dem ehemaligen Wäscherei-Gelände – müssen vor Ort saniert oder abgetragen und deponiert werden. Hamburg verfügt aktuell über keine zulässigen Deponien. Entsorgungsunternehmen fahren seit Jahren unbelasteten und verseuchten Bodenaushub in Deponien der Klassen O, I, II und III in Schleswig-Holstein bzw. Niedersachsen ab.
Für dieses Vorgehen gibt es einen gemeinsamen Abfallwirtschaftsplan, der aus klugen Überlegungen der Fachbehörde und der Politik aufgestellt wurde.
Der Abfallwirtschaftsplan bestätigt die Notwendigkeit, dass Stadtstaaten im Hinblick auf Deponieflächen NICHT mit Flächenstaaten wie Schleswig-Holstein und Niedersachsen verglichen werden können. Es sollte in Behörden und Politik eigentlich Konsens darüber herrschen, dass neue Deponien, wenn überhaupt, soweit wie möglich von Menschen und sensiblen Flächen eingerichter werden sollten. Aber diesen Konsens scheint es in Behörden und Politik aktuell nicht zu geben.
PROBLEMLAGE
Hamburg scheint entschlossen zu sein, einem privaten Entsorgungsunternehmen eine neue Deponie auf alten ungeklärten und ungesicherten Altlasten zu „schenken“. Diesen Eindruck bekommt man, wenn man sich sämtliche Fakten zum Fall der neuen Deponie an den Hummelsbüttler Müllbergen anschaut.
- Die BSU geht mit dem antragstellenden Unternehmen bereits 2004 in die neue Deponieplanung (Scoring-Termin).
- Die Planungen werden 2009 trotz neuer Deponieverordnung fortgesetzt.
- Die Stadt Hamburg kauft 2011 ein für die neue Deponie notwendiges Privatgrundstück an den Müllbergen und verpachtet es quasi stante pede an das Entsorgungsunternehmen.
- Die Stadt Hamburg eröffnet im Sommer 2013 auf Antrag des privaten Entsorgungsunternehmens das Planfeststellungsverfahren.
- Ein übliches Flächensuchprogramm scheint zu keiner Zeit in Erwägung gezogen worden sein.
- Die ungeklärten und ungesicherten Altlasten der früheren Deponien scheinen in der gesamten Planungszeit nicht als problematisch wahrgenommen worden sein, obwohl es eine ausreichende Aktenlage dazu gibt.
!!! STANDORTFRAGE !!!
Solange die Wissenschaft keine wirtschaftlich realisierbaren Entseuchungsmethoden für leichte bis schwer verseuchte Böden entwickelt hat, solange muss deponiert werden.
Das größte Problem dabei ist die Standortfrage. Damit MUSS sich die Politik bzw. der Gesetzgeber beschäftigen.Wenn es in einer bundesweiten Deponieverordnung keine wirklichen Kriterien für die Standortwahl – bezogen auf Mindesabstände ! zu Mensch und sensiblen Flächen – gibt, muss jede Standortfrage über lange und teure individuelle Verfahren geklärt werden. Das ist sowohl für Planfeststellungsbehörden, als auch für Antragsteller und sämtliche betroffenen Interessengruppen nicht akzeptabel.